Produzieren am Limit, planen für die Zukunft
So erlebt die Geschäftseinheit Holzpellets den Umbruch im Energiemarkt
Alle wollen Pelletheizungen, Privatpersonen so sehr wie Großverbraucher – wenn da nur die hohen Preise und die Materialknappheit nicht wären. Ein Gespräch mit Emil Sopper, Leiter der Geschäftseinheit HolzpelletsHerr Sopper, die BayWa lässt an drei Standorten im Auftrag Holzpellets pressen. Wie steht es derzeit um die Produktion?
Wir produzieren rund um die Uhr und am oberen Limit: Noch nie sind in einem zweiten Quartal in den Werken mit Auftragsproduktion so viele Pellets produziert worden wie in diesem Jahr.
Woher stammt die Nachfrage?
Wir verkaufen vor allem an die Eigentümer von bestehenden Ein- und Zweifamilienhäusern, die von Öl zu Pellets wechseln. Viele haben wegen der hohen Fördersätze von bis zu 45 Prozent umgestellt, es entstand ein echter Hype. Für uns war es in den vergangenen Monaten eine große Herausforderung, die vielen neuen Anlagen zu versorgen. Allerdings sind zum 15. August die Fördersätze auf maximal 20 Prozent gesunken.
Ein harter Einschnitt.
Zusammen mit dem Anstieg der Holzpelletpreise wird diese Entwicklung die Umstellung von Öl auf Pellets vorerst bremsen – zumindest im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser.
Stellen Sie sich auf einen ruhigeren Markt ein?
Keineswegs. Viele Großverbraucher, die bislang mit Gas oder Öl oder Kohle geheizt haben, wollen infolge der Energiekrise und aufgrund der Preise umstellen. Holzpellets werden in Betracht gezogen, können aber derzeit nicht das nötige Volumen bieten.
Was meinen Sie damit?
Wir verkaufen und verbrauchen derzeit in Deutschland gut 2,9 Millionen Tonnen Pellets. Erzeugen können wir aus den Resten von Schnittholz schätzungsweise bis zu 4 Millionen Tonnen. Ein bisschen Luft ist also noch. Was darüber hinaus geht, müssten wir künftig importieren. Die Frage wird dann sein, inwieweit diese Energieform noch als nachhaltig gelten kann.
Sie verarbeiten ausschließlich Sägespäne aus der Region rund um die Pelletwerke, während in anderen Ländern auch Bestandsholz zu Pellets verarbeitet wird. Bleibt die BayWa bei den Spänen?
Es bleibt bei Sägespänen und Hackschnitzel. Der Baum ist viel zu wertvoll, um ihn zu Pellets zu verarbeiten.
Vor einem Jahr kostete eine Tonne Holzpellets etwa 250 Euro, nun liegt der Preis bei mehr als 600 Euro …
Diese Entwicklung macht mich nachdenklich. Für gewöhnlich kosten Pellets halb so viel wie Öl.
Weshalb?
Wenn Sie die Heizleistung aus einem Liter Öl ersetzen wollen, benötigen Sie zwei Kilogramm Pellets. Steigt der Pelletpreis, wird ein Umstieg weniger sinnvoll.
Wie erklären Sie den Preisanstieg?
Der Preis für den Diesel, den die LKW beim Transport brauchen, ist stark gestiegen. Der Strom für die Produktion wurde um bis zu 25 mal so teuer. Die Nachfrage nach Schnittholz nahm lange Zeit zu, jetzt beeinflusst uns die aktuelle Kaufzurückhaltung, etwa bei Möbeln: Die Werke sägen weniger Schnittholz, es bleiben weniger Sägespäne, die sich für uns dann verteuern.
Wie gehen Sie mit diesen Schwankungen um?
Wir sind froh, dass wir über unsere Auftragsproduktionen in Empfingen, Bad Arolsen und vor allem Wunsiedel Sicherheit für unsere Stammkunden herstellen können: Dadurch stehen uns pro Jahr gut 300.000 Tonnen Holzpellets zur Verfügung. Das hilft uns, weil der Markt an einem anderen Punkt durcheinandergerät, über den wir noch nicht gesprochen haben.
Welchen Markt meinen Sie?
Den Markt für Co-Firing: Vor allem in Großbritannien wurden Kohlekraftwerke umgebaut, so dass sie neben Kohle auch Pellets zur Stromerzeugung nutzen können. Auf diese Weise arbeiten sie emissionsärmer und sparen den Kauf von CO2-Zertifikaten. Bei einem EU-weiten Pelletsmarkt von derzeit 33,6 Millionen Tonnen in 2021 geht fast die Hälfte ins Co-Firing.
Das ist viel.
Und immerhin 3,5 der 33,6 Millionen Tonnen kamen bis vor kurzem aus Russland, Belarus und der Ukraine. Diese Mengen fehlen. Die Käufer der Kohlekraftwerke drängen deshalb in den ENplus Markt für qualitativ hochwertige Pellets, die für kleine und mittlere Verfeuerungen gedacht sind.
Die BayWa ist inzwischen der größte Holzpelletslieferant Süddeutschlands. Bald beliefern Sie die Bundeswehr in ganz Deutschland an insgesamt 43 Ladestellen. Wenn Sie solche Großverbraucher künftig bedienen wollen, müssen Sie importieren, richtig?
Unsere angestammten Kunden werden wir auch zukünftig regional und nachhaltig versorgen: Die meisten Sägespäne bekommen wir aus Sägewerken in Süddeutschland oder Tschechien. Die Frage ist, wie wir auf die Bedürfnisse der großen Kunden reagieren, die von Erdgas auf Pellets umstellen. Hier werden wir künftig wohl auf Importe zurückgreifen. Wir arbeiten an einer entsprechenden Strategie. So könnten wir ein Wachstum mitgehen, das derzeit nicht mit Material aus Deutschland zu machen ist.
Suchen Sie derzeit überhaupt nach langfristigen Lieferkontrakten?
Wenn wir einkaufsseitig bestimmte Zusagen nicht mehr bekommen, können wir sie vertriebsseitig auch nicht geben. Deshalb wollen wir momentan keine langfristigen Kontrakte abschließen, weil die Gefahr besteht, dass wir sie nicht bedienen können. Auch wenn den Kollegen im Vertrieb dabei das Herz blutet.
Sie wollen lieber sicher liefern als zu wachsen?
Liefersicherheit geht ganz klar vor Wachstum.